Schützenverein Rottenbach sagt nach 70 Jahren "Ade"


Die Ratsherrnscheibe und den Jürgen-W.-Heike Pokal sicherte sich in "Personalunion" Bürgermeister Karl Kolb. Für Oberschützenmeister Wolfgang Heinze (6. v.l.) war es wohl seine letzte "Amtshandlung", die Trophäen zu überreichen (Foto: Martin Rebhan).


von Martin Rebhan

Eine Weisheit der Dakota Indianer sagt: „Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab“. Diese Erkenntnis machten sich auch die Verantwortlichen des Schützenvereins Rottenbach zu eigen, als sie erkannten, dass ihr Vereinsleben mehr oder minder zum erliegen gekommen ist und auch die Aktiven an einer Hand abzuzählen waren. Dazu kommt noch ein Schießhaus, dessen Sommerschießstand aufgrund baulicher Mängel geschlossen werden musste. Eine Renovierung hätte sich als unwirtschaftlich erwiesen.  Der endgültigen „Todesstoß“ wurde offensichtlich durch die Schließung des Gasthauses Auerhahn versetzt. Wolfgang Heinze führte im Rahmen der Jahreshauptversammlung im Januar dieses Jahres vor Augen, dass der Schützenverein damit keine Möglichkeit mehr hat, sanitäre Anlagen zu nutzen. „Es läuft nichts mehr“, hielt der Oberschützenmeister damals mit schwerer Stimme fest.

Bei einer Mitgliederversammlung wurde dann einstimmig beschlossen, den Verein zum Jahresende aufzulösen. Nach 70 Jahren geht damit eine Ära zu Ende, die nicht nur für Rottenbach, sondern für ganz Lautertal prägend war. Der Ursprung des Schützenvereins Rottenbach liegt streng genommen im thüringischen Görsdorf. Ab 1928 bestand in Görsdorf ein Schützenverein, dem auch die Rottenbacher Adolf Oppel, Alfred Meyer, Franz Meyer, Walter Müller, Armin Bauer und Louis Welsch angehörten. Die Verbindung nach Thüringen fand dann ein bekanntes und jähes Ende als der Eiserne Vorhang die beiden Ortschaften trennte. Die Vermutung liegt nahe, dass die sechs Rottenbacher Mitglieder des Schützenvereins Görsdorf auch Initiatoren einer anonymen Einladung zu einer Gründungsversammlung eines Schützenvereins in Rottenbach waren. Am 17. Juni 1954 fanden sich 20 schießsportbegeisterte Männer ein und hoben den Schützenverein Rottenbach aus der Taufe. Überaus zahlreiche sportliche und gesellschaftliche Ereignisse prägten über Jahrzehnte hin das Vereinsleben und machten die Schützen weit über die Gemeinde- und Landkreisgrenzen bekannt.

Aber so ganz sang- und klanglos wollte man sich nicht von der Bühne der Lautertaler Vereine verabschieden. Die Vereinsführung lud den Gemeinderat Lautertal ein, die Ratsherrenscheibe und den Jürgen-W-Heike Pokal auszuschießen. Elf der 17 Ortsvorsteher nahmen die Herausforderung an und zeigten auf den Schießbahnen des Schützenvereins Creidlitz respektable Leistungen. Den „Vogel“ schoss dabei Bürgermeister Karl Kolb ab, der sich mit 24,3 Punkten vor Monja Bühling (39,0 Punkte) und Elke Ros (92,3 Punkte) auf der Ratsherrnscheibe verewigte. Auch bei der Pokalwertung hatte der Bürgermeister mit einem 18,3 Teiler die Nase vorn. Auf den Plätzen folgten wie bei der Ratsherrnscheibe Monja Bühling (35,0 Teiler) und Elke Ros (89,3 Teiler).

Im Rahmen einer „Abschiedsfeier“, die auf den Tag genau 70 Jahre nach der Gründung stattfand, bedankten sich Oberschützenmeister Wolfgang Heinze und Schützenmeisterin Renate Schramm bei den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten für die Teilnahme am Wettbewerb und konnten einem strahlenden Bürgermeister die Trophäen überreichen. „Wir waren ein toller Verein“, hielt Renate Schramm abschließend fest.